Mei­ne Rede als Bun­des­prä­si­dent zum natio­na­len Gedenk­tag am 27. Janu­ar 2024

Mei­ne Damen und Her­ren, als ich ges­tern mei­nen puber­tie­ren­den Sohn zur Schu­le wecken woll­te stam­mel­te er nur „ich habe AFD“. Ich dach­te ihn hät­te das (poli­ti­sche) Fie­ber gepackt. Schon woll­te ich Tem­pe­ra­tur mes­sen, als sich her­aus­stell­te ich selbst habe Buch­sta­ben­sa­lat, also jene weit ver­brei­te­te Krank­heit mit kata­stro­pha­len Fol­gen, bei der im aku­ten Zustand nie­mand mehr weiss, was er-sie-es hört, wer noch mit-hört oder schon längst hin-und-weg de-und-a-por­tiert gehört.

Tat­säch­lich mein­te mein Sohn „ADF“. Sie wis­sen nicht was ADF ist? Ich wuss­te es auch nicht und lag mit all mei­nen spon­ta­nen Asso­zia­tio­nen dane­ben. Es ist - Gott bewah­re - kei­ne krea­ti­ve Umfor­mu­lie­rung der „Arbeit für Dum­me“ (AFD). Mein Sohn ist - wie wir alle heut­zu­ta­ge - ein guter Schü­ler und wür­de nie bil­li­ge Wit­ze über die AFD oder ähn­li­ches machen. Aus­ser­dem ist er klug genug, um zu wis­sen, dass bei aku­tem Buch­sta­ben­sa­lat, sol­che Spä­ße zur Ver­schlimm­bes­se­rung führen.

Was mein­te er denn nun mit ADF? Es ist so lang­wei­lig wie ver­wir­rend: „Arbeits­auf­trag durch Fach­leh­rer“. Falls Sie nun den­ken das hat mit Arbeit und Fach­kraft zu tun, irren Sie sich gewal­tig. Es ist das kras­ses­te Gegen­teil. Die Schul­stun­de fällt aus und der Fach­leh­rer ist weder vom Fach noch bei der Arbeit. Das ist die wah­re Alter­na­ti­ve für Deutsch­land (wAFD): ein kränk­li­cher Fach­leh­rer ohne Fach­kennt­nis­se gibt den Aus­fall in Auf­trag. Kommt Ihnen das nicht aus der Fach­li­te­ra­tur bekannt vor? Rich­tig, das ist der HBK, die gefähr­li­che Dekom­pen­sa­ti­ons­stu­fe des Buch­sta­ben­sa­lats; benannt nach einem deut­schen Ober­leh­rer und Superministrant.

Wenn Sie wüss­ten wel­chen gran­dio­sen Auf­trag die Leh­rer vom Fach in Arbeit geben, wären Sie viel­leicht genau­so freu­dig erregt wie ich, ins­be­son­de­re in die­ser Woche, in der wir es wie­der ein­mal von der Wann­see­kon­fe­renz bis nach Ausch­witz und zurück geschafft haben. Die­ser Spurt und Spa­gat vom Wahn­sinn nach Wahn­witz kommt nicht von unge­fähr. Es kommt aus vol­ler See­le und aus der Tie­fe des his­to­ri­schen Bewusst­seins. Da hat mein Sohn mehr Glück als er je Ver­stand haben kön­nen wird. Im Deutsch­un­ter­richt hat er Geschich­te, im Mathe­un­ter­richt hat er Geschich­te, im Phy­sik­un­ter­richt hat er Geschich­te. Selbst im Geschichts­un­ter­richt hat er Geschich­te. Und in Eng­lisch schau­en sie eine „Doku über Gaza“ weil die Klas­se die Alter­na­ti­ve aus Deutsch­land satt hat. Näm­lich den Film über die „ekli­ge“ (sagt mein Sohn) pädo­phi­le Geschich­te über Erin­ne­rungs­aus­fall und Arbeits­la­ger zum drit­ten Mal und nun auf Eng­lish, zu sehen. Sie haben es erra­ten? Genau, der „Vor­le­ser“ ist der Arbeits­auf­trag der Fach­leh­rer­kon­fe­renz und führt unwei­ger­lich zu erle­se­nem und his­to­risch tie­fer geleg­ten Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein. Was mein Sohn alles ver­ant­wor­tet zieht einem die Schu­he aus: den Geno­zid in Gaza, das Gas in Ausch­witz, und noch das Gas das zum wider­li­chen Abdruck führt. Bit­te fra­gen sie nicht wel­che Schuh­grö­ße er hat. Zum Glück weiss er wo Ausch­witz liegt - zwi­schen den Polen, die abschmel­zen. Gaza kennt er wie sei­ne Wes­ten­ta­sche, die den per­ma­nen­ten Geno­zid an Döner und den täg­li­chen Over­kill an Tür­ken­ta­schen (Dürüms) dokumentiert.

Doku ist sein Spe­zi­al­ge­biet und er wird sicher ein­mal Doku­men­tar­fil­me­ma­cher wer­den und dabei gute Arbeit für Deutsch­land (gAFD) und zum Woh­le des inter­na­tio­na­len Völ­ker­sa­lats bei­tra­gen. Er ist ein gekonn­ter Bei­trä­ger und legt sich wie­der schla­fen. Ich hüte der­weil die Scha­fe und sin­ge für ihn „Hap­py Remem­brance Day, schei­den tut weh, der Vater frisst das Schaf, die Mut­ter ist ein Alb­träu­mel­ein, Schaf Kind­chen Schaf“. Ich wün­sche Ihnen einen berüh­ren­den Gedenk­tag. Stol­pern Sie nicht über Stei­ne und ver­ges­sen Sie nie­mals ihren Sohn am 27. Janu­ar 2024 zu wecken.